Nicht mehr einsatzfähig - Zappeln im sozialen Netz
 


Am 20.06.1990 - ich war gerade neunundzwanzig Jahre alt - musste ich wegen akuter Luftnot meinen Arbeitsplatz an einer Karusell-Drehmaschine verlassen.
 
Ich fuhr zuerst zu meinem Hausarzt, der mich dann anschließend erstmalig zu einem Lungenfacharzt überwies. Hier stellte sich heraus, dass ich einen akuten Asthmaanfall hatte. 
 
Bei der weiteren Untersuchung zeigte sich, dass sich bei mir zusätzlich ein Lungenemphysem entwickelt hatte.-
 
Ich durchlief die übliche Prozedur. Erstmal krank schreiben, und anschließend eine REHA- Maßnahme. Während der Kur stellte sich dann aber heraus, dass ich meinen ursprünglich erlernten Beruf des Drehers nicht mehr würde ausüben dürfen. Also wurde mir wegen meines noch jungen Alters eine Umschulung nahe gelegt, und ich wurde als berufsunfähig entlassen.


Anschließend wurde ich beim Arbeitsamt psychologisch getestet, um herauszufinden, für welchen Beruf ich geeignet bin.
 
Schliesslich wurde ich für den Beruf des Kaufmanns zugelassen.
 
Als Kostenträger stellte sich das Arbeitsamt freiwillig zur Verfügung, obwohl ich bereits fast fünfzehn Jahre gearbeitet hatte, und die BG für meine Umschulung und Wiedereingliederung in das Berufsleben zuständig gewesen wäre.

Während meiner Umschulung hatte ich im November 1992 ein Gespräch mit dem Berufshelfer der BG. Er forderte mich auf, unverzüglich einen Rentenantrag bei meinem regulären Rentenversicherungsträger zu stellen- was ich ganz arglos auch tat.


Von meinen Rechten gegenüber ihm und seiner BG erzählte er mir natürlich nichts.

Im Glauben, dass ich tatsächlich berufsunfähig bin, und ich in meinem Zustand anstandslos auch die Berufsunfähigleitsrente vom Rentenversicherungsträger, der für mich zuständigen LVA, erhalten würde, tappte ich in die Falle.


Der Rechtsstreit mit der LVA dauerte ganze fünf Jahre. Das Verfahren endete im Dezember 1997 mit dem Resultat, dass ich nicht nur als berufsunfähig, sondern als gänzlich erwerbsunfähig anerkannt wurde.

Ein wichtiger Fehler war, dass ich meinen Antrag auf Anerkennung meiner Schwerbehinderung (Schwerbehindertenausweis) nicht bis zum Ende geführt hatte.
 
In meinem ersten Antrag im Dezember 1992 auf Schwerbehinderung, wurden mir lediglich 30 % GdB (Grad der Behinderung) anerkannt.
 
Weil ich befürchtete, dass mir bei einer Neueinstellung bei einem anderen Unternehmen dieser Ausweis mehr schaden als nutzen würde, hatte ich gezögert, um eine höhere GdB-Einstufung zu kämpfen.
 
Ich stellte erst 1996 den Verschlimmerungsantrag nach dem Schwerbehindertenrecht. Nach harten zähem Kampf und immensem Schriftverkehr wurden mir dann schliesslich, und zwar rückwirkend zum Datum der Antragstellung ein GdB von 70 % mit dem Merkzeichen "G" zuerkannt.

Während dieser Auseinandersetzung fiel mir auf, dass sich meine Atemwegserkrankung seit 1990 nicht mehr wesentlich verändert hatte, was hieß: 

Deren Anerkennung hätte mir bereits sechs Jahre zuvor bei meinem ersten Antrag zugestanden werden müssen.


Deshalb mein Rat:

Bevor Sie einen Antrag für einen Schwerbehindertenausweis bei Ihrem zuständigen Versorgungsamt oder eine Berufsanzeige oder ein Rentenantrag stellen, sollten (müssten) Sie vorher eine detaillierte Übersicht über Ihre Beschäftigungszeiten mit Auflistung Ihrer gesamten Erkrankungen bei Ihrer Krankenkasse sowie alle Ihre ärztlichen Befunde, Röntgenbilder, CT-(HR-Ct)- Aufnahmen bei allen Ärzten, Fachärzten, Krankenhäusern, Kuranstalten, wo Sie in Behandlung waren (sind) etc. anfordern.
 
Sie haben einen Rechtsanspruch auf die Herausgabe dieser Unterlagen!! Von den Wichtigsten sollten Sie Kopien anfertigen lassen und einem Arzt, Gutachter, der BG oder dem Gericht auf gar keinem Fall Orginalröntgen- oder CT-/MRT- Aufnahmen aushändigen. Sie verwahren sie an einem sicheren Ort.

Die Gefahr ist zu groß, dass Ihnen diese außerordentlich wichtigen Beweismittel auf dem postalischen Weg (?) verloren gehen und dann nie wieder zu beschaffen sind.


Die genannte Übersicht über Ihre Beschäftigtenzeiten ist deshalb sehr nützlich in Ihrem laufenden BG- Verfahren, weil Sie in den verschiedenen BK-Verfahrensetappen immer wieder mit den stets wiederkehrenden Fragen konfrontiert und gebeten werden, die entsprechenden Fragebögen umfassend auszufüllen. 


Aufbewahrungsfristen von ärztlichen Unterlagen

Aber Achtung: Nach dem letzten Arzt-, Facharztbesuch, Krankenhausaufenthalt oder der REHA- Maßnahme beträgt die Aufbewahrungsfrist von ärztlichen Befunden zehn Jahre -- danach werden sie in der Regel vernichtet. 

Nur Röntgenbilder, CT/HR-CT-Aufnahmen etc. müssen dreißig Jahre lang aufbewahrt werden, sofern sie im Zusammenhang mit einer Behandlung gemacht worden sind- so ist es in der Röntgenverordnung bestimmt.
 
Die Zehnjahresfrist für Befunde und Arztbriefe gilt nur dann nicht, wenn Sie bei dem Arzt danach erneut in Behandlung gewesen sind.
Dann verlängert sie sich ab der letzten Untersuchung um weitere zehn Jahre. Im Unterschied dazu muss die vom Hausarzt geführte PatientInnen-Karteikarte aber dreißig Jahre lang aufbewahrt werden.


 
Vordrucke für die Anforderung zur Einsicht von ärztlichen Unterlagen und weitere sehr hilfreiche Vorlagen für den Schriftverkehr finden Sie in der abeKra erarbeiteten Broschüre ,,Musterbriefe"; und in dem Fachbuch von Franz Bauer ,,Ratgeber für Behinderte", erschienen im Verlag Gesundheit ISBN 3-333-01010-0.
 
Dieses Buch gibt Auskunft zu allen anerkennungsfähigen Krankheiten und deren Anerkennungsgrad, über die Anerkennungsverfahren und Widerspruchsmöglichkeiten usw..
 
Weitere Infos unter: Schwerbehinderung, Grundlage für alle Begutachtungen nach dem Schwerbehindertenrecht sind die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz";.
 
Die ,,Anhaltspunkte..."; wurden vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung als Buch herausgegeben und können kostenpflichtig bei der Deutschen Vertriebsgesellschaft, Birkenmaarstraße 8, 53340 Meckenheim, schriftlich (oder per Fax: (02225) 9260 bestellt werden.
 
Damit Ihre Erkrankung bzw. Ihre Behinderungen beim Versorgungsamt als Schwerbehinderung anerkannt werden, möchte ich Ihnen von meinen Erfahrungen berichten. Ich bin wie folgt vorgegangen:
 
 
Die meisten hier im Raum haben, so wie ich auch, MCS (multiple Chemikaliensensitivität).
 
Wir reagieren alle sehr empfindlich auf die unterschiedlichsten Chemikalien, Die Reaktion sind individuell verschieden und decken sich nur zum Teil.
 
Unser Problem ist nun, dass MCS (noch) nicht als eigenständige Erkrankung anerkannt wird.
 
Deshalb habe ich meine diagnostizierten Krankheiten mit der GdB- Tabelle des Versorgungsamt verglichen und geprüft, welche Erkrankungen werden anerkannt und welche Anforderungen werden gestellt.
 
Und siehe da, ich konnte fast alle meine Erkrankungen jeweils einzelnen in der GdB- Tabelle genannten Erkrankungen/ Gesundheitsschäden zuordnen. 
Bei einem Asthma prüft das Versorgungsamt nicht, ob ich auf ein Deo oder einen pestiziverseuchten Blumenstrauß reagiere oder ob die Erkrankung vorliegt (Finalität), wie schwer sie ist und wie stark ich im Vergleich mit Gleichaltrigen in meiner täglichen Leben- und Erwerbsfähigkeit eingeschränkt bzw. behindert bin.
 
Deshalb das Kürzel "GdB" d.h. Grad der Behinderung, im Unterschied zu- etwa- der MdE, d.h. Minderung der Erwerbsfähigkeit.
 
Hat jemand mehrere Erkrankungen so wird die schwerste Erkrankung als erste berücksichtig, die weiteren werden dann in Zehnerpunkten hinzu addiert- sofern sie weitere zusätzliche Behinderungen bedeuten.
 
Beispiel: Asthma- Bronchiale 60% GdB, als zusätzliche Erkrankung Sehschwäche mit 30% GdB, Osteoporose mit 20% GdB, ergibt einen Gesamt-GdB von 70%.
 
Es wird also nicht addiert, sondern der GdB qualitativ nach dem Maß der Einschränkungen im gesamten Leben gebildet.
 
Erfüllt man dann noch die Zusatzanforderungen für das Merkzeichen G oder aG (Gehfähigkeit), kommt es hinzu.
 
In jedem Fall aber gilt: Die anerkannte Schwerbehinderung erleichtert Ihnen den Zugang zur Erwerbsminderungsrente der LVA oder BfA, jedenfalls derzeit noch.
 
Wer einen Schwerbehindertenausweis mit den entsprechenden Merkzeichen anerkannt bekommen hat, kann außerdem- vorbehaltlich kommender Streichorgien- vielerlei Preisermäßigungen oder gar Rabatte in Anspruch nehmen.
 
Das Spektrum reicht von gestaffelten Steuerfreibeträgen beim Finanzamt, über einen ermässigten Kfz- Steuersatz oder einer gänzlichen Befreiung von der Kfz- Steuer, ermäßigte Fahrpreise im Öffentlichen Personennahverkehr oder die gänzliche kostenlose Beförderung, ermäßigte Eintrittsgelder in öffentlichen Einrichtungen, Museen, Zoos, Freizeitparks bis hin zu einem ermäßigten Kaufpreis in Höhe von 15% bei Opel und VW beim Kauf eines Neuwagens.
 
Dieser Rabatt gilt nur bei Nachweis von mindestens 50% GdB und den Merkzeichen G, aG, B, RF, Bl oder H. Man sollte beim Kauf den Verkäufer direkt auf diesen Rabatt ansprechen, dann bekommt man diesen auch. In den seltensten Fällen machen Autoverkäufer selbst auf diesen Bonus aufmerksam.
 
Dieser Ausweis dient seit dem 1. Januar 2004 anlässlich der Krankenkassenreform neuerdings unter bestimmten Voraussetzungen als Nachweis dafür, dass man chronisch krank bzw. chronisch geschädigt ist. 

Das hilft, um die 1% ige Zuzahlungshürde zu überwinden und als Chroniker anerkannt zu werden.

 

 

3/17                                                                                               Weiterlesen