Was wusste der BG- Vorstand?


Da wir in dieser Zeit noch von der These ausgingen, dass der TAD schlampig gearbeitet hat und das auch noch im Sinne des Arbeitgebers, waren wir auch der- naiven- Meinung, dass der BG- Vorstand davon nichts wusste und hinter diesem skandalösen TAD- Verhalten keine weitere böse Absicht steckte. 


Ich schrieb also einen ausführlichen Beschwerdebrief an den Vorstand und den Versichertenvertreter mit der Bitte, sich unseren Fall näher anzusehen- und bat um einen Gesprächstermin.

Der TAD erhielt ebenfalls eine Kopie dieses Schreibens. 

 
Und siehe da, es kam tatsächlich zu einem Gesprächstermin am 9. Oktober 2001- in Anwesenheit unseres Rechtsanwaltes Battenstein und einem weiteren Kollegen im Hause der BG.

Auf Seiten der BG waren anwesend: der Vorstand, eine Ärztin, ein Biologe, der Technische Aufsichtsdienst und ein Versichertenvertreter.


Ich fiel allerdings aus allen Wolken, als uns die BG- Vorstandsvertreter frech und frei unsere Vermutungen bestätigten, dass alle unsere BG- Verfahren in Bad Salzuflen hätten negativ begutachtet werden sollen.


Sie hätten keinen Bedarf gesehen, weitere Ermittlungen anzustellen.- Und der Versichertenvertreter saß stumm wie ein Stockfisch dabei und gab nicht einen Mucks von sich.


Das Gespräch führte dennoch zu dem Ergebnis, dass die von uns beharrlichen nachgewiesenen Ermittlungsdefizite jetzt doch behoben werden sollten.

Tatsächlich setzte sich der TAD danach in Marsch.

In meinem Fall fand er jetzt sogar einige Schadstoffe, aber eben nicht alle, woraus ich messerscharf schloss, dass der Vorstand seine Politik uns gegenüber fortzusetzen gedachte -- Vereinbarungen hin oder her--.


Wenigstens konnten jetzt in meinem Fall die arbeitstechnischen Voraussetzungen als bewiesen gelten.


Danach nahm sich Prof. Dr. Hans Joachim Woitowitz sein Gutachten in meinem Fall noch einmal vor.


Er bejahte den kausalen Zusammenhang und bewerte den Grad der Minderung meiner Erwerbsfähigkeit mit 20%. Dem Kollegen, der mich zu dem Gespräch begleitet hatte, war ebenfalls eine Begutachtung durch Prof. Woitowitz zugesagt worden.


Doch misstrauisch wie ich nun mal bin, ging mir die Sache auf einmal zu glatt ab.


Vermutlich war hier irgendwo wieder ein Haken.


Die und objektiv ermitteln, das wollte und konnte ich jetzt- nach allem, was geschehen war- nicht mehr glauben. Ich sollte Recht behalten.


Mir fiel auf, dass wir jetzt im Besitz der Arbeitsstoffangaben waren und teilweise waren uns auch die Hersteller bekannt. 

Ich forderte jetzt die dazugehörigen Sicherheitsdatenblätter von den jeweiligen Herstellern per Fax an.


Zu meiner Überraschung verhielten sich die angeschriebenen Hersteller alle sehr kooperativ.



Man bemühte sich sogar, die Sicherheitsdatenblätter zu den Arbeitsstoffen zu finden, die wir früher benutzt hatten.


Dabei stellte sich heraus, dass sich Rezepturen im Lauf der Zeit auch geändert hatten. Man machte mich sogar darauf aufmerksam, dass etliche der in den Rezepturen enthaltenen Gefahrstoffe, die wir nicht für atemwegschädlich gehalten hatten, sehr wohl die Atemwege schädigen konnten.


Es seien zahlreiche Fälle von Atemwegserkrankungen im Zusammenhang mit diesen Stoffen bekannt geworden. 

 
Ob Hersteller aus Deutschland, Schweden, Holland oder Frankreich- innerhalb von vierzehn Tagen hatte ich weitere wichtige Beweise in der Hand.

Durch diese Sicherheitsdatenblätter erfuhren und erkannten wir nun plötzlich auch, dass es z.T. strenge Sicherheitsbestimmungen für die Anwendung dieser Arbeitsstoffe gab und unser Ex- Arbeitgeber sie nie eingehalten hatte und hat.

Wir waren zutiefst schockiert. 

Wir mussten uns eingestehen, dass unser Ex- Arbeitgeber während unserer Arbeitszeit massiv gegen die Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen hat, weil er uns diese Sicherheitsdatenblätter vorenthalten hatte und wir deshalb auch nicht wenigstens selbst ein bisschen gegen die uns drohenden Gefahren hatten schützen können.



Aus verfahrenstaktischen Gründen behielten wir diese Sicherheitsdatenblätter erst einmal für uns.


Schließlich kam der Gutachtertermin für meinen Kollegen bei Prof. Woitowitz. Er war der Meinung, dass wir keine Beweise mitzunehmen bräuchten.

Ich aber konnte ihn überreden, alle Unterlagen mitzunehmen.

Wir setzten bei dem Termin nicht auf Konfrontation, sondern auf Zusammenarbeit. Herr Dr. Schneider, damals Assistent von Prof. Woitowitz, ging auch Gott sei Dank darauf ein.


Er zeigte uns die dem Institut übersandte BG- Akte des Kollegen- und wir trauten unseren Augen nicht.

Die Akte war leer.

Es fehlte unsere Dokumentationsmappe, unsere ausführliche BK- Anzeige, der gesamte Schriftverkehr- es war nichts da. Deutlicher kann der Hinweis für einen Gutachter wohl kaum sein, dass er den Fall negativ für den Versicherten und positiv für den Haftpflichtversicherer entscheiden solle.

Zum Glück für den Kollegen hatten wir vorgesorgt und konnten dem Gutachter alle Unterlagen aushändigen. Auf der Grundlage dieser- und der aus meiner Akte beigesteuerten Dokumente- wurde denn auch das Gutachten erstellt bzw. konnte es überhaupt verfasst werden.

Der Gutachter entdeckte dabei weitere Defizite im Vollzug des Arbeitsschutzes- z.B. waren bei mir die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach G 23 nicht korrekt durchgeführt worden, was er in seinem Gutachten auch ausdrücklich vermerkte.


Der Gutachter erkannte den Zusammenhang und bewerte die Gesundheitsschäden durch die beruflichen Einwirkungen bei meinem Kollegen mit einer MdE von 60 %.

 

 

 

13/17                                                                                               Weiterlesen